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KOMMUNIKATIONS-DESASTER BEI DER KIRCHE

Mit den Menschen im steten Dialog sein. Das sei das Kerngeschäft der Kirche. Meinen die Nichtkirchenmenschen. Eine gute Sache, die Kirche. Vor allem heute. Im Zeitalter des Internet – Medium des Dialogs. Meint man. Hatten wir im Seminar «Praktische Theologie» an der Uni.

 

Wie bitte? Wann findet der Dialog mit «der Kirche» statt? Über die Kirche? Welche Kirche wir uns wünschen? Und wo? Etwa auf dem Kirchenblog diesseits.ch, wo ich zensuriert werde, sobald ich «die Kirche», so wie sie jetzt ist, kritisiere. Als Theologin, die glaubt, die Menschen brauchen so etwas wie die Kirche. Einen Ort der sozialen Geborgenheit. Wo wir uns Raum und Zeit schenken. Was ich als Liebe auffasse. Die biblische Agape-Liebe ist gar nicht so gääch, wie man gemeinhin tut: Der Begriff kommt vom griechischen Verb ἀγαπἀω, was nicht weniger und nicht mehr heisst als freundlich aufnehmen; zufrieden sein mit; gern haben, liebenIm Dialog einander Raum und Zeit schenken ist Liebe üben. Auf christlich, jüdisch und muslimisch. Vielleicht auch in anderen Religionen. Das weiss ich nicht. Der humanistisch geprägte Zürcher Reformator Ulrich Zwingli kombinierte die Goldene Regel mit dem Liebesgebot:

 

Alles nun das jr woellennd das euch die Leüt thun soellend / das tuond auch jr jnen: dass ist das gsatz und die propheten. (Matthäus 12, 7) So stehts in der Froschauer-Bibel ab 1529. Dazu das Liebesgebot in der hebräischen Bibel, übersetzt von Martin Buber und Franz Rosenzweig: ER redete zu Mosche (…): Halte lieb deinen Genossen, dir gleich. ICH bins. (Levitikus 19, 1+18) Mit ER und ICH ist Gott gemeint, dessen Name im Judentum nicht ausgesprochen werden darf.

 

Ich bin im Frühling 2015 in die zürcherisch reformierte Kirche eingetreten und habe im Herbst 2015 mit dem Theologie-Studium an der 1525 von Ulrich Zwingli gegründeten Universität Zürich begonnen. Um Pfarrerin zu werden. Ich meinte, die Kirche würde mich freundlich aufnehmen und fördern. Und war bass erstaunt, als ich 2018 in die pfarramtliche Bildung einstieg: Derjenige, der sich «oberster Personalchef» der Kirche nennt, stufte meine Eignung fürs Pfarramt als «fraglich» ein. Ohne mich zu kennen. Ohne mit mir zu reden. Ohne mich im kirchlichen Praktikum zu besuchen. Ohne Begründung. Ich wusste nicht einmal, dass er meine Eignung beurteilen würde. Wie in Franz Kafkas «In der Strafkolonie» (https://gutenberg.spiegel.de/buch/in-der-strafkolonie-9766/1). Die Geschichte ist beklemmend. Ich hab sie in der Schule mal gelesen. Seither bringe ich es nicht mehr fertig, sie zu ende zu lesen.

 

Auf meine Nachfrage hin, entspann sich ein E-Mail-Abtausch mit der Kirche:

Bildungsverantwortlicher: «Der Personalchef sagt, dass er mit dir länger gesprochen hat, bevor er die orange Ampel zurück gemeldet hat. Bitte kläre diese Unklarheit direkt mit ihm.»

Ich: «Über die Antwort des Personalchefs bin ich doch recht erstaunt. Ebenfalls über dein Ansinnen, ich solle das mit ihm klären, befinde ich mich doch in diesem dreifachen Abhängigkeitsverhältnis zur Kirche erstens als Bildungsinstitution, zweitens als Arbeitgeberin, drittens als Kontrolleurin des Arbeitsmarktes [auch im öffentlichen Sektor und in der Privatwirtschaft wie Bahnhofskirche, Pflegeheime und Privatkliniken. Stets muss man sich bei der Kantonalkirche bewerben oder zumindest von der Kirche festgelegte äussere Kriterien erfüllen]. Der Personalchef hat dabei als oberster Personalchef, wie er sich nennt, eine Schlüsselposition. Darf ich dich bitten, für mich abzuklären, wann und wo er sich mit mir getroffen haben will?»

Bildungsverantwortlicher: «Ich kann das leider nicht übernehmen. Solche Briefträger-Aufgaben kommen nie gut. Du musst das – trotz Abhängigkeitsverhältnis – selber klären, weshalb und aufgrund welcher Gespräche er eine orange Ampel gesetzt hat [Eignung fürs Pfarramt fraglich]. Das ist Sache der kantonalen Kirche. Herzliche Grüße von unterwegs»

Ich zum Personalchef: «Im Auftrag des Bildungsverantwortlichen bitte ich dich, mir nachzuweisen, aufgrund welcher Gespräche du mir eine orange Ampel gesetzt hast: Wo, wann, mit wessen Anwesenheit und die orange Ampel mit welcher Begründung.»

Ich, drei Monate später: «Warum bekomme ich keine Antwort?»

Personalchef: «wenn es um vertrauliche daten geht korrespondiere ich grundsätzlich nicht per mail. freundliche grüsse. Bitte entschuldigen Sie die Kleinschreibung und allfällige Tippfehler, ich antworte von unterwegs.»

Ich: «Vor einiger Zeit hattest du mich angerufen, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Da ich unterwegs war, konnte ich gerade nicht darauf eingehen. Inzwischen habe ich nicht zurückgerufen, nicht weil ich es vergessen hätte, sondern weil es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass für ein Gespräch gibt. Dieser wäre vor einem Jahr gewesen. Ich bitte um eine schriftliche Antwort auf die drei Fragen:

  • Warum hat das Evaluationsgespräch nie stattgefunden?
  • Warum hast du behauptet, du hättest ein solches geführt?
  • Wie begründest du die orange Ampel?

Neben des E-Mails gibt es noch andere Möglichkeiten der schriftlichen Kommunikation, auch in korrekter Grammatik. Vertraulich muss die Antwort nicht sein, wenn sie nicht übergriffig und verletzend ist. Gern erwarte ich in nächster Zeit eine professionelle schriftliche Antwort.»

Personalchef: «Gerne bestätige ich nochmals mein Gesprächsangebot. Du kannst mich jederzeit anrufen, dann vereinbaren wir einen Termin. Deine Fragen werde ich nicht per Email beantworten. Email ist hierfür das falsche Medium.»

 

Das war im April 2019. Ich kam nicht weiter, meinte, als nächsten Schritt eine Eingabe per Einschreiben an die vorgesetzte Person des Personalchefs machen zu können. Und kam sofort wieder davon ab: Der Vorgesetzte des «obersten Personalchefs» ist der Bildungsverantwortliche, der nicht Briefträger spielen will!!!

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