· 

KOMMUNIKATIONSPANNE BEIM RAV

Ja, ich habs getan! Zuerst RAV gegoogelt – regionales Arbeitsvermittlungszentrum, Stellenvermittlung gibt Google an: «Besuch planen. In der Regel verbringen Menschen hier 30 Minuten bis 1 Stunde.»

 

Ich rufe an: «Ich möchte gern Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen.»

«Sie möchten sich also anmelden!» Frau Patinez unterbricht mich.

«Ich möchte gern Ihre Dienstleistung in Anspruch nehmen.»

«Deshalb habe ich ja gefragt (!), ob Sie sich anmelden wollen.»

«Ich weiss es nicht – kann ich jetzt meine Fragen stellen?»

«Bitte.»

 

Jetzt weiss ich, wohin ich gehen soll, was ich mitbringen soll und dass die Öffnungszeiten so und so sind. Ausser es sei denn nichts. Ich hätte eigentlich am Vortag hingehen wollen, habe wohlweislich erst angerufen – und bin auf den Telefonbeantworter gestossen, dass wegen Weiterbildung geschlossen sei. Das stand nicht auf der Website. Frau Patinez: «Da haben Sie ja mal Glück gehabt!» Und nein, man könne keinen Termin ausmachen. «Kommen Sie vor 11h oder vor 16h, denn Sie müssen mit einer halben Stunde Bearbeitungszeit rechnen. Und um 11.30h und 16.30h schliessen wir.

 

Am nächsten Tag gehe ich hin mit meinen Unterlagen. 20 km mit dem Auto ein Weg. Im 9. Stock das RAV. Im selben Haus die KESB – Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Kindheitsträume werden wach: Wie gern hätte ich gehabt, man hätte mich meinen Eltern weggenommen! In ein Heim gesteckt, oder noch besser, in ein Internat. Mit sechs Jahren war ich zweimal eine Woche im Spital. Das war die schönste Zeit meines Kinderlebens!

 

«Wart nur, wenn du weiter so machst, kommst du in die Fremde», die Drohung meiner Grossmutter. Wie denn «so» sein soll, hat sich mir nie erschlossen. Ich habe mir aber überlegt, was ich denn tun könnte, um in die Fremde zu kommen. Bettnässen vielleicht? Der Bettnässer kam in ein Kinderheim für ein ganzes Jahr. Ausgerechnet er, der von den Eltern und Verwandten so oft geschlagen wurde, hatte Heimweh! Das konnte ich nicht nachvollziehen.

 

Im 9. Stock das RAV. Beim Eingang hängt ein Riesen-i-Würfel über einer Theke, weiss auf blau, wie am Bahnhof. Ich steuere auf eines der Wartetischchen zu. «Grüezi,» höre ich hinter mir. Die Frau hinter der Theke ist offensichtlich nicht mehr mit jemand anderem beschäftigt. Sie nennt mir ihren Namen nicht, sagt stattdessen:

«Die Wartezeit beträgt 2 Stunden und dann schliessen wir, am besten kommen Sie ein ander Mal wieder.»

 

«Ich habe mich aber entschlossen, mich jetzt anzumelden.»

«Ab wann sind Sie denn stellenlos?»

«Seit 31. Juli.» Es ist ende August.

«Sie wissen aber, dass Sie das Arbeitslosengeld nicht rückwirkend beanspruchen können.»

«Das will ich jetzt nicht mit Ihnen besprechen.»

 

Es ist 15.15h. Ich warte und komme um 15.50h dran.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0